BACK ON SNOW: MARCEL HIRSCHERS EMOTIONALE SKI-MOMENTE IN DER SKIHALLE VON ZOETERMEER

Neun Monate emotionale Berg- und Talfahrt nach seinem Kreuzbandriss, und jetzt: die ersten befreienden Schwünge auf Schnee, drei Meter unter dem Meeresspiegel! In der Skihalle von Zoetermeer ist Marcel Hirscher diese Woche auf das Element seines Herzens zurückgekehrt, das Knie hält und er hat Lust auf mehr...
© Benjamin Hoell © Benjamin Hoell

Höhenangaben mit einem Minus davor sind typisch für die Polderregionen der Niederlande. Die SnowWorld-Skihalle von Zoetermeer liegt 52 Kilometer von Amsterdam, 20 von Rotterdam entfernt und 3 Meter unter dem Meeresspiegel. „Also der perfekte Ort für ein Ski-Comeback“, scherzt Marcel Hirscher und meint es dennoch ernst.

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„Wir hatten die Halle für uns und dort herrschen klinische Bedingungen, die Piste ist ausgepegelt und hängt nicht. Die Schneeverhältnisse sind rund um die Uhr konstant. Ideal, um ein Gefühl für das Knie auf Schnee und für das Equipment aufzubauen.“ Dass er ohnedies gern nach Holland komme, sei auch kein Geheimnis. Hier, in der Gegend um Zoetermeer, seine Tante und sein Onkel wohnen nur unweit der Skihalle, hat er als Kind die Ferien verbracht.

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Skifahren mit Kettlebells und erste Materialtests

Ein Tellerlift, 210 Meter Indoor-Piste, 65 Meter Höhenunterschied: Die ersten Runden galten dem Gespür für Schnee, danach standen therapeutisch-athletische Einheiten mit Hanteln und Kettlebells auf dem Programm. Und er wäre nicht er, hätte er nicht parallel auch das neueste Material seiner Skifirma VAN DEER-Red Bull Sports probiert. Marcel Hirscher:  

Ein sehr guter erster Ausflug, mit drei wesentlichen Learnings. Erstens: Das Knie gibt keinerlei negative Reaktion, was echt super ist. Zweitens: Die Freude am Skifahren bleibt. Drittens: Der Weg zurück in den Rennmodus ist noch lang.

Die Erleichterung nach 277 Tagen im Wechselbad

Learning Nr. 4 war für Hirschers Betreuer-Team mit freiem Auge zu sehen: Marcels big Smile beim Skifahren! Denn die Erleichterung, dass dieser große „Back on Snow“-Moment derart positiv verlaufen ist, war bei allen riesengroß. „Die Wochen, Tage und Stunden davor waren ein Wechselbad aus Emotionen, Vorfreude und Anspannung. Wie vor einer Schularbeit oder dem letzten Urlaubstag.“

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Hirschers persönliche Bilanz nach inzwischen 277 Tagen Recovery-Phase seit seinem im Dezember erlittenen Kreuzbandriss:  „Naja, angefangen habe ich vor neun Monaten am Boden, am Boden der Realität. Es war damals schon ein harter Cut, aber insgesamt eine wertvolle Erfahrung für mich. Es waren kleine Schritte auf dem Weg zurück. Ich habe andere mit gleicher Verletzung gesehen und auch wie schwer die kleinen und einzelnen Schritte manchmal fallen können. Das ist ein Teil an Lebenserfahrung, der mir bislang gefehlt hatte. Umso dankbarer bin ich, dass ich in meiner ersten Karriere nie verletzt war. Umso mehr ziehe ich den Hut vor allen, die sich nach so einer Verletzung wieder zurückkämpfen.“

Nächste Station auf dem Weg zurück: ein echter Berg

Trotz der gelungenen Premiere auf Schnee weiß Marcel Hirscher: „Das hatte natürlich noch nicht viel mit dem Skifahren zu tun, wie ich es gewohnt bin. Die große Frage für die Zukunft wird also sein: Wie viel Risiko bin ich noch bereit zu gehen und kann ich noch abrufen?“

Um die Antwort auf diese Frage zu finden, wird Hirscher jetzt Ski-Kilometer sammeln. Nächste Station auf seinem Weg zurück? „Noch ungewiss. Bei uns allen glühen die Wetter-Apps, wo der nächste Trainingsblock stattfinden kann. Nicht nur die Schnee-, sondern auch die Sichtverhältnisse sind diese Phase des Comebacks sehr wichtig. Wir entscheiden kurzfristig, je nach Bedingungen.“

Marcels Motivation hat bei den ersten Schwüngen drei Meter unter dem Meeresspiegel jedenfalls einen Boost erhalten: „Wenn mein Knie sprechen könnte, würde es sagen: Danke, dass du mich jetzt neun Monate lang geschont hast, aber jetzt heißt es: Attacke!“